Ein Antragsteller sah sich in seiner persönlichen Handlungsfreiheit verletzt; das Gericht kam dem nach. Die Ausgangssperre in M-V ist demnach aufgehoben. Dafür gilt ab Samstag aber eine andere.
Die Freude über die Aufhebung der Ausgangssperre dürfte aber nur kurz dauern. Denn am Sonnabend tritt das neue Bundesinfektionsschutzgesetz in Kraft. Darin ist eine Ausgangssperre von 22 bis 5 Uhr geregelt. Erste Eilanträge beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe sind bereits eingegangen.
PRESSEMITTEILUNG 8/2021
Die Regelung hinsichtlich der nächtlichen Ausgangssperre in der Corona Landesverordnung M-V vorläufig außer Vollzug gesetzt
Das Oberverwaltungsgericht in Greifswald hat mit Beschluss vom heutigen Tag § 13 Abs. 2 Corona Landesverordnung M-V vorläufig außer Vollzug gesetzt, wonach das Verlassen der Unterkunft bzw. des Grundstückes, auf dem sich die Unterkunft befindet, von 21 Uhr abends bis 6 Uhr morgens untersagt wird, sofern kein triftiger Grund vorliegt (1 KM 221/21 OVG).
Mit seinem vorläufigen Rechtsschutzantrag hatte der Antragsteller geltend gemacht, dass er in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt sei. Die in § 13 Abs. 2 Corona LVO M-V geregelte Ausgangssperre sei unverhältnismäßig und verstoße gegen die höherrangige Norm des § 28a Abs. 2 Infektionsschutzgesetz.
Das Gericht hat in seiner Begründung ausgeführt, der zulässige Antrag sei auch begründet. Das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers sei nicht deshalb entfallen, weil das Infektionsschutzgesetz durch Einfügung eines § 28b IfSG geändert worden sei. Denn nach Abs. 5 dieser Vorschrift blieben weitergehende Schutzmaßnahmen auf Grundlage dieses Gesetzes unberührt, wozu auch solche gehören, die in einer Landesverordnung geregelt worden seien.
Insbesondere erweise sich die angegriffene Norm des § 13 Abs. 2 Corona LVO M-V bzw. die darin geregelte Schutzmaßnahme einer nächtlichen Ausgangsbeschränkung als voraussichtlich unverhältnismäßig; sie sei nicht erforderlich und nicht angemessen. Es liege ein schwerwiegender Eingriff in die durch das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit vor, der quantitativ betrachtet nicht nur wenige Einzelpersonen, sondern alle Bürgerinnen und Bürger im Land Mecklenburg-Vorpommern bzw. zumindest im Landkreis Vorpommern-Greifswald betreffe. Die Ausgangssperre sei nicht deshalb geregelt worden, weil sich Personen bei einem Aufenthalt im Freien mit dem Corona-Virus anstecken könnten; vielmehr habe der Verordnungsgeber Ansteckungen bei Besuchen in anderen Haushalten, insbesondere bei nächtlichen Feiern mit Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus mehreren Haushalten verhindern wollen. Damit ziele er maßgeblich darauf ab, die bereits bestehenden Kontaktbeschränkungen abzusichern. Einer mittels Ausgangsbeschränkung zusätzlichen bzw. nochmaligen gesetzlichen Untersagung von Zusammenkünften, die über die erlaubte Personenanzahl hinausgehen, bedürfe es aber nicht. Zwar erleichtere eine Ausgangsbeschränkung den staatlichen Stellen die Kontrolle und Durchsetzung der Kontaktbeschränkungen. Es sei jedoch nicht die Aufgabe des sich rechtskonform verhaltenden Bürgers, den staatlichen Stellen diese Aufgabenwahrnehmung zu erleichtern.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Im Auftrag
Dorothea ter Veen
Pressesprecherin OVG